Oper
Operndiva Rachel Harnisch hat genug von der Bühne
KAUM 50 GEWORDEN HAT EINE SCHWEIZER OPERNDIVA GENUG VON DER GESANGSWELT
Christian Berzins
Kein Abschiedskonzert, geschweige denn eine Gala. Doch wer auf ihrer Homepage ans Ende der Bio scrollt, muss dort lesen: «2023 beendete Rachel Harnisch ihre erfolgreiche Karriere». Die beste Schweizer Sopranistin der letzten 50 Jahre verlässt die Opernwelt pianissimo.
Nicht nur mit ihrer Stimme, sondern eben auch mit diesem Schritt erinnert die 50-jährige Walliserin an ihre legendäre Vorgängerin auf dem Königinnen-Thron der Schweizer Sopranistinnen, an Lisa della Casa (1919–2012). Die Burgdorferin verabschiedete sich 1974 im Alter von nur 55 Jahren von der Opernbühne: Erst noch im Opernweltmittelpunkt, dann für Jahrzehnte zurückgezogen in Gottlieben am Bodensee. Sie hörte auf, da ihre Tochter schwer erkrankt war.
Bei Rachel Harnisch löste sich mit dem Rückzug eine jahrzehntelange Anspannung. Wer in den letzten Jahren mit Rachel Harnisch über die Oper und folglich über Triumphe und Tragödien diskutierte, merkte rasch: Diese Sopranistin wollte immer mehr als nur hochkorrekt Töne aneinanderreihen, sie wollte sich singend trotz ihrem marienhaft schönen Timbre der Musik opfern, der Gesang konnte nur aus tiefster Seele kommen.